Hier wird das bislang umfassendste Buch zur Geschichte der NATO-Osterweiterung besprochen. Es weist nach, dass der Westen unter maßgeblicher Führung der USA schrittweise von den (nicht im formal-rechtlichen, sondern politisch gegebenen) Versprechen an Russland abgerückt sind, die NATO keinen Zoll breit nach Osten zu erweitern. Dieses Versprechen wurde in sein Gegenteil verkehrt: Kein Zoll von Territorium sollte von der NATO-Osterweiterung ausgenommen werden. Russland wurde mit Finanz- und Wirtschaftshilfen “kompensiert”. Die Buchbesprechung ist frei zugänglich. Diese Geschichte bietet einen aufschlußreichen Kontext für das aktuelle Problem des Krieges zwischen Russland und der Ukraine.
Der Aufstieg von Großmächten (Buchbesprechung)
In dieser Buchbesprechung von “Miller, Manjari Chatterjee (2021): Why Nations Rise. Narratives and the Path to Great Power“, wird gezeigt, dass neben der weithin bekannten und politikwissenschaftlich akzeptierten Faktoren wie Machtressourcen auch ideelle Faktoren oder konkreter Ambitionsnarrative notwendig sind, damit Staaten zu Großmächten werden. Die machtpolitischen, rationalistischen, neo-realistischen Theorien und Sichtweisen werden durch eine konstruktivistische und idealistische Theorie und Sichtweise ergänzt. Diese Faktroen bieten eine Erklärung, warum Staaten häufig, aber keineswegs immer danach streben, Großmacht zu werden.
Diese Buchbesprechung ist in der Politischen Vierteljahresschrift erschienen (Band 63, Heft 1, 2022, S. 137-139). Sie ist auch als open access verfügbar.
Der Konflikt um die Ukraine
Interview mit “Die Furche”
In diesem Interview geht es um den Konflikt zwischen Russland, der Ulraine und den NATO Staaten. Der Podcast wurde am 7. Februar 2022 aufgezeichnet. Die Druckfassung wurde in “Die Furche” veröffentlicht.
Europäische Integration vs. Demokratie?
Europäische Integration vs. Demokratie?
Eine kurze Analyse der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2020 zur Verfassungsmäßigkeit der Anleihekaufprogramme der Europäischen Zentralbank.
In dieser in englischer Sprache abgefassten Kurzanalyse des Gerichtsurteils wird der Schluss gezogen, dass die Europäische Union zwischen Demokratie und Zusammenhalt zerrissen werden könnte.
Europas globale Herausforderungen 2020
Europas globale Herausforderungen 2020
In diesem englischsprachigen Zeitungsartikel – veröffentlicht in der chinesischen Tageszeitung “Global Times” am 15. Januar 2020 – werden die globalen Herausforderungen Europas im Jahr 2020 zusammengefasst.
Der Niedergang der Sozialdemokratie
Der Niedergang der Sozialdemokratie
In seinem Literaturbericht identifiziert Frank Bandau vier große Erklärungen der Parteienforschung dafür, warum Wähler sozialdemokratischen Parteien davonlaufen (Bandau, Frank (2019), ‘Was erklärt die Krise der Sozialdemokratie? Ein Literaturüberblick’, Politische Vierteljahresschrift, 60 (3): 587-609.). Diese längerfristigen Prozesse haben sich seit der Finanzkrise 2007/8 nochmals beschleunigt.
Die erste Erklärung setzt bei der Sozialstruktur der modernen Industriegesellschaft an: Die Stammwählerschaft der Sozialdemokratie – die Arbeiterklasse – schrumpft im Vergleich zu anderen sozialen Gruppen. Wenn aber sozialdemokratische Parteien darauf reagieren, indem sie mehr Politikangebote für Wähler der Mittelklasse machen, verschrecken sie die Arbeiterklasse noch mehr, so dass diese weiter abwandern. Es kommt hinzu, dass Wählerschaften ihre Wahlentscheidungen nicht nur an ihrer Klassenzugehörigkeit ausrichten, sondern auch an ihrer soziokulturellen Identität. Sozialdemokraten, die ihre Politikangebote nach wie vor an der „sozialen Frage“ ausrichten, laufen deshalb Gefahr, zwischen einem links-libertären und einem rechts-autoritären Pol zerrieben zu werden. Sie schaffen es nicht, sich auf diese neue Dimension von Identität im Wahlverhalten einzustellen.
WeiterlesenRekonfiguration des Neoliberalismus
Innenpolitische Triebkräfte amerikanischer Außenpolitik unter Präsident Donald Trump
In diesem Artikel wird erläutert, wie große Unzufriedenheit mit den Reformen des Neoliberalismus in der amerikanischen Gesellschaft zur Wahl Donald Trumps zum Präsidenten führte. Diese Reformen begannen in den 1970er Jahren und zeigten zunächst Erfolge. Die Wirtschaft überwand das damals überragende Problem der Stagflation und das Land kehrte zu wirtschaftlichem Wachstum zurück. Zusätzlich wurde der Neoliberalismus durch den kulturellen Wertewandel vom Materialismus zum Post-Materialismus unterstützt und gerechtfertigt. Doch diese Erfolge waren teuer erkauft: Die soziale Ungleichheit stieg erheblich an. Weite Teile der Gesellschaft wurden hohen Risiken ausgesetzt, vor denen sie nicht geschützt wurden. Die Finanzkrise von 2008 offenbarte die ganze Misere und führte zu großer Verunsicherung und Unzufriedenheit.
Donald Trump versprach seinen Wählern, diesen Misstand zu beseitigen. Aber dabei konzentrierte er seine Gegenmaßnahmen nicht auf die Innen-, sondern die Außenpolitik. Der Plan ist, die sozialen und wirtschaftlichen Misstände im Innern zu verändern, indem die USA ihre strukturelle Macht anwenden, um sich internationale Beziehungen zunutze zu machen. Dies ist die Rekonfiguration von Neorealismus.
Der Artikel zeigt weiter, dass internationale Beziehungen unter den Bedingungen hoher wechselseitiger Interdependenz immer Zielkonflikte darstellen. Die Verfolgung wichtiger Ziele führt deshalb zwangsläufig dazu, dass Nachteile in Kauf genommen werden müssen. Am Beispiel der USA wird daher erläutert, dass Anpassungs- und Risikobereitschaft von Wirtschaft und Gesellschaft die zentralen innenpolitischen Triebfedern von Außenpolitik sind.
Wie Donald Trump’s Charakter Aussenpolitik beeinflusst
Wie Donald Trumps Charakter Aussenpolitik beeinflusst
Diese Studie ist ein Auszug aus meinem Konferenzpapier über innenpolitische Quellen amerikanischer Aussenpolitik und Hegemonie. Er zeigt, wie die atypische Persönlichkeit von Präsident Trump seine Aussenpolitik prägt und mögliche Erfolge und Kooperationen wahrscheinlich verhindert.
Die Studie ist nur in englischer Sprache verfügbar. Hier herunterladen.
Das Brexit Chaos und die Zukunft Großbritanniens
Das Brexit Chaos und die Zukunft Großbritanniens
Am 28. März 2019 habe ich einer deutschen Tageszeitung folgendes Interview gegeben. Ich veröffentliche es hier:
Frage: Wie geht das Brexit-Drama aus?
Tuschhoff: Das weiß niemand. Es gelingt der Regierung und den Parlamentariern nicht, tragfähige Mehrheiten für eine der vorgeschlagenen Lösungen zu finden. Allerdings ist die Ablehnung mancher Optionen, wie insbesondere der Brexit ohne Austrittsabkommen, so groß, dass dieser nicht sehr wahrscheinlich ist. Deshalb richtet sich die Aufmerksamkeit nun auf die Frage, ob die Abgeordneten ihre zweite Präferenz als die Lösung wählen oder, wie bisher, stur an ihrer ersten Präferenz festhalten. Eine tragfähige Mehrheit kommt nur zustande, wenn eine erhebliche Zahl von Abgeordneten von ihrer ersten Präferenz abrückt. Das war gestern nicht der Fall.
Frage: Welche Möglichkeiten haben die Briten jetzt noch?
Tuschhoff: Nach wie vor müssen sie einen Weg suchen, tragfähige Mehrheiten zustande zu bekommen. Das ist die Aufgabe bis zum 12. April. Dann läuft die genehmigte Verlängerung aus. Im Kern gibt es bis dahin die Möglichkeit, den von der Regierung May mit der EU ausgehandelten Vertrag anzunehmen. Geschieht dies nicht, so tritt Großbritannien entweder ohne Abkommen aus der EU aus, oder es muss an den Wahlen zum Europäischen Parlament teilnehmen sowie um eine weitere Verlängerung der Frist nachsuchen. Dann wäre natürlich auch möglich, dass die Regierung May den ursprünglichen Antrag, aus der EU auszutreten, zurückzieht. Voraussichtlich würde May dann zurücktreten. Es würde eine neue Regierung gebildet, die wiederum mit der EU über ein Austrittsabkommen verhandelt.
Frage: Muss May in jedem Fall zurücktreten?
Tuschhoff: Es sieht sehr danach aus, dass sie an der Lösung des höchst komplexen Brexit Problems gescheitert ist. Sie verfügt über keinen Rückhalt in ihrer Partei und Fraktion mehr. Momentan kann sie sich nur noch im Amt halten, weil kein Nachfolger das angerichtete Chaos übernehmen möchte. Ihr Rücktritt wird deshalb dann kommen, wenn Großbritannien bzw. das Parlament einen Weg für die weiteren Schritte zum Brexit gefunden haben, den ein Nachfolger mit besseren Erfolgsaussichten beschreiten kann.
Frage: Wie wahrscheinlich ist es, dass es morgen eine Abstimmung – und ein Ergebnis – gibt?
Tuschhoff: Das kann man leider nicht sagen. Der Druck der Öffentlichkeit auf die Abgeordneten, das Brexit Drama nun endlich zu beenden, egal wie, ist offenbar noch nicht groß genug. Das ermöglicht es den Abgeordneten, sich stur zu stellen und nur auf ihrer ersten Präferenz zu beharren.
Frage: Was sagt der Abstimmungs-Krimi von gestern Abend über die Lage im Land und in der Politik aus?
Tuschhoff: Das Land, die Parteien, das Parlament und sogar die Regierung sind tief gespalten. Eigentlich wollten die Briten mit dem Brexit ihre Souveränität von der EU zurückholen. Nun zeigen sie aber ironischerweise, dass sie politisch nicht über die Fähigkeit verfügen, diese Souveränität wirksam auszuüben. Darin steckt eine wichtige allgemein geltende Lehre: Gesellschaftlich gespaltene Länder benötigen die Integration in regionale Organisationen wie die EU, um national handlungsfähig zu sein, selbst wenn es dann innenpolitisch vielfältige Kritik an den getroffenen politischen Entscheidungen gibt.
Trump Unterstützer
Wer sind die konservativen Unterstützer von Donald Trump und wie ticken sie?
Unverständnis und Kopfschütteln sind noch milde Reaktionen von Westeuropäern und Deutschen, wenn man sie auf Donald Trump anspricht. Diesem Präsidenten können die allermeisten noch weniger abgewinnen als damals George W. Bush. Zweifellos hat Trump dem Ansehen der USA in der Welt schwer geschadet (Ray 2019). Wie Abbildung 1 zeigt, genießen die USA insgesamt keine gute Reputation als Führungsmacht. Aber in den Jahren von Präsident Obama überwog immer die Billigung. Sowohl Bush als auch Trumps Führung wird stärker missbilligt als gebilligt.
Auch eine absolute Mehrheit der Amerikaner gibt ihrem Präsidenten schlechte Noten (FiveThirtyEight n.y). In den Zwischenwahlen im November 2018 musste seine Republikanische Partei eine herbe Niederlage verkraften. Insbesondere die Mehrheit im Repräsentantenhaus ging verloren (Tuschhoff 2018). Angesichts dieser starken und breiten politischen Opposition gegen Trump ist es mehr als rätselhaft, warum Trump sich an der Macht halten kann und überdies seine Politik und seinen eigenwilligen Stil vollkommen unbeeindruckt weiterführt. Wie ist das möglich? Die wichtigste Antwort auf diese Frage ist, dass er über eine sehr treue Gruppe von extrem loyalen Unterstützern verfügt, die ihm gerade im Sturm die Stange halten. Wer sind diese Unterstützer Trumps und wie ticken sie?
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