Probleme kollektiven Handelns in der NATO

Zusammenfassung

Probleme kollektiven Handelns beruhen auf Interaktionen zwischen Akteuren, die das gemeinsame Ziel verfolgen, sogenannte kollektive Güter zu produzieren wie z.B. kollektive Verteidigung. Gleichzeitig hat jedoch jeder beteiligte Akteur einen hohen Anreiz, sich an der Produktion der Güter und deren Kosten nur in geringem Maße oder sogar gar nicht zu beteiligen, wenn andere Akteure diese Güter bereitstellen. In der NATO wurde und wird dieser Vorwurf des „Trittbrettfahrens“ sehr häufig gegen die europäischen Mitgliedstaaten erhoben. Vor allem die USA erzeugten fast allein die kollektive Verteidigung des Bündnisses. Daher stand und steht die Frage im Raum, warum die NATO nicht an diesem scheinbar unlösbaren Problem kollektiven Handelns zerbricht. Schließlich handelt es sich ja auch um ein Bündnis aus sehr heterogenen Mitgliedstaaten.

In diesem Artikel wird diese Frage beantwortet, indem gezeigt wird, dass die NATO sehr viele verschiedene Institutionen ausgebildet und immer wieder angepasst hat, um derartige Probleme kollektiven Handelns zu lösen. Auf diese Weise wurde das Kernprinzip einer Allianz – unteilbare Sicherheit – praktiziert und immer wieder neu erfunden. Institutionen und institutionelle Anpassungen sind deshalb die Erklärungen dafür, dass die NATO fortbesteht und nicht an Problemen kollektiven Handelns zerbrochen ist.

Dieses abstrahierte Argument wird anhand mehrerer konkreter Beispiele illustriert. Dazu gehören die Konflikte über Lastenteilung, das System der NATO-Verteidigungsplanung, die Verfahren zur Bereitstellung und Aktivierung von Streitkräften für den Militäreinsatz oder die Konsultationen, Verfahren und Entscheidungen über den Ersteinsatz von Kernwaffen.

Der Artikel ist in nglischer Sprache abgefasst

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Demokratie und Autokratie

In diesem Artikel vorwiegend für Lehrkräfte und den Schulunterricht werden zunächst die Eigenschaften von Demokratie und Autokratie erläutert und die Unterschiede verglichen.

In Demokratien muss vor allem das Dilemma gelöst werden, dass Regieren zwar notwendig aber gleichzeitig nicht ungefährlich ist: Regierung ist also ein notwendiges Übel. Zu diesem Zweck muss ein Gleichgewicht zwischen Staat (oder Regierung) einerseits und Gesellschaft andererseits hergestellt werden. Wenn das gelingt, dient Regieren dem Gemeinwohl.

Aus Demokratien können aber Autokratien werden, wenn die wesentlichen Institutionen der Machtbeschränkung – insbesondere die Gewaltenteilung – aufgehoben werden oder wenn die informellen Leitplanken – insbesondere wechselseitige Toleranz und institutionalisierte Nachsicht – erodieren.

Oft nicht richtig verstanden wird, dass die Trägheit von Entscheidungen eine Eigenschaft von Demokratien darstellt, die unverzichtbar aber anstrengend ist. Auf diese Weise werden nicht nur die informellen Leitplanken geschützt, sondern auch Problemlösungen optimiert.

Zwei langfristige Entwicklungen sind in modernen Demokratien zu beobachten. Erstens haben sich die Formen von Kommunikation und damit von demokratischer Teilhabe verändert. Früher strömte Kommunikation zwischen Gesellschaft und Staat durch fest organisierte Kanäle wie Interessengruppen, Kirchen oder Parteien. Heute beobachten wir Kommunikation vor allem auch in informellen Kanälen und spontanen, flexiblen Aktivitäten. Zweitens waren Demokratien früher vor allem durch gesellschaftliche Loyalität und Orientierung an der Allgemeinheit geprägt. Heute beobachtet man dagegen vor allem selbstbewusstes Auftreten und Orientierung am Individualismus.

Die Europäisierung der Politik in den EU Mitgliedstaaten

Dieser Artikel zeigt, wie die EU den Alltag aller Bürgerinnen und Bürger direkt und tief verändert. Dabei entstehen sowohl neue Gelegenheiten als auch Einschränkungen für die eigene Lebensgestaltung. Beide kann man nur schwer auseinanderhalten oder auch Einflusssphären von EU und Mitgliedstaaten unterscheiden, weil die EU die Innenpolitik sehr tief durchdringt. Im Kern kann daher die Politik der Mitgliedstaaten nicht ohne den unentrinnbaren Kontext der EU verstanden werden. Denn die EU hat die Mitgliedsstaaten wirksam transformiert. Für die EU Politik stellen sich daher zwei Kernfragen, mit denen sich die Politikwissenschaft eingehend beschäftigt: Warum integrieren sich Mitgliedstaaten überhaupt in die EU, wenn deren Wirkung so zweischneidig ist? Wie versuchen sich Europäer vertreten durch ihre Regierungen gegen diese nicht gewünschte Durchdringung zu schützen? Die Antworten auf diese beiden Fragen erlauben dann weitere Schlussfolgerungen zu der Frage, wie sich die EU demokratisch legitimieren kann.

Dieser Artikel wird in der Serie Aus der Forschung als Nr. 1/2023 in englischer Sprache veröffentlicht.

Geschichte der NATO-Osterweiterung (Buchbesprechung)

Hier wird das bislang umfassendste Buch zur Geschichte der NATO-Osterweiterung besprochen. Es weist nach, dass der Westen unter maßgeblicher Führung der USA schrittweise von den (nicht im formal-rechtlichen, sondern politisch gegebenen) Versprechen an Russland abgerückt sind, die NATO keinen Zoll breit nach Osten zu erweitern. Dieses Versprechen wurde in sein Gegenteil verkehrt: Kein Zoll von Territorium sollte von der NATO-Osterweiterung ausgenommen werden. Russland wurde mit Finanz- und Wirtschaftshilfen “kompensiert”. Die Buchbesprechung ist frei zugänglich. Diese Geschichte bietet einen aufschlußreichen Kontext für das aktuelle Problem des Krieges zwischen Russland und der Ukraine.

Der Aufstieg von Großmächten (Buchbesprechung)

In dieser Buchbesprechung von “Miller, Manjari Chatterjee (2021): Why Nations Rise. Narratives and the Path to Great Power“, wird gezeigt, dass neben der weithin bekannten und politikwissenschaftlich akzeptierten Faktoren wie Machtressourcen auch ideelle Faktoren oder konkreter Ambitionsnarrative notwendig sind, damit Staaten zu Großmächten werden. Die machtpolitischen, rationalistischen, neo-realistischen Theorien und Sichtweisen werden durch eine konstruktivistische und idealistische Theorie und Sichtweise ergänzt. Diese Faktroen bieten eine Erklärung, warum Staaten häufig, aber keineswegs immer danach streben, Großmacht zu werden.

Diese Buchbesprechung ist in der Politischen Vierteljahresschrift erschienen (Band 63, Heft 1, 2022, S. 137-139). Sie ist auch als open access verfügbar.

Der Konflikt um die Ukraine

Interview mit “Die Furche”

In diesem Interview geht es um den Konflikt zwischen Russland, der Ulraine und den NATO Staaten. Der Podcast wurde am 7. Februar 2022 aufgezeichnet. Die Druckfassung wurde in “Die Furche” veröffentlicht.

Europäische Integration vs. Demokratie?

Europäische Integration vs. Demokratie?

Eine kurze Analyse der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. Mai 2020 zur Verfassungsmäßigkeit der Anleihekaufprogramme der Europäischen Zentralbank.

In dieser in englischer Sprache abgefassten Kurzanalyse des Gerichtsurteils wird der Schluss gezogen, dass die Europäische Union zwischen Demokratie und Zusammenhalt zerrissen werden könnte.

Der Niedergang der Sozialdemokratie

Der Niedergang der Sozialdemokratie

In seinem Literaturbericht identifiziert Frank Bandau vier große Erklärungen der Parteienforschung dafür, warum Wähler sozialdemokratischen Parteien davonlaufen (Bandau, Frank (2019), ‘Was erklärt die Krise der Sozialdemokratie? Ein Literaturüberblick’, Politische Vierteljahresschrift, 60 (3): 587-609.). Diese längerfristigen Prozesse haben sich seit der Finanzkrise 2007/8 nochmals beschleunigt.

Die erste Erklärung setzt bei der Sozialstruktur der modernen Industriegesellschaft an: Die Stammwählerschaft der Sozialdemokratie – die Arbeiterklasse – schrumpft im Vergleich zu anderen sozialen Gruppen. Wenn aber sozialdemokratische Parteien darauf reagieren, indem sie mehr Politikangebote für Wähler der Mittelklasse machen, verschrecken sie die Arbeiterklasse noch mehr, so dass diese weiter abwandern. Es kommt hinzu, dass Wählerschaften ihre Wahlentscheidungen nicht nur an ihrer Klassenzugehörigkeit ausrichten, sondern auch an ihrer soziokulturellen Identität. Sozialdemokraten, die ihre Politikangebote nach wie vor an der „sozialen Frage“ ausrichten, laufen deshalb Gefahr, zwischen einem links-libertären und einem rechts-autoritären Pol zerrieben zu werden. Sie schaffen es nicht, sich auf diese neue Dimension von Identität im Wahlverhalten einzustellen.

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Rekonfiguration des Neoliberalismus

Innenpolitische Triebkräfte amerikanischer Außenpolitik unter Präsident Donald Trump

In diesem Artikel wird erläutert, wie große Unzufriedenheit mit den Reformen des Neoliberalismus in der amerikanischen Gesellschaft zur Wahl Donald Trumps zum Präsidenten führte. Diese Reformen begannen in den 1970er Jahren und zeigten zunächst Erfolge. Die Wirtschaft überwand das damals überragende Problem der Stagflation und das Land kehrte zu wirtschaftlichem Wachstum zurück. Zusätzlich wurde der Neoliberalismus durch den kulturellen Wertewandel vom Materialismus zum Post-Materialismus unterstützt und gerechtfertigt. Doch diese Erfolge waren teuer erkauft: Die soziale Ungleichheit stieg erheblich an. Weite Teile der Gesellschaft wurden hohen Risiken ausgesetzt, vor denen sie nicht geschützt wurden. Die Finanzkrise von 2008 offenbarte die ganze Misere und führte zu großer Verunsicherung und Unzufriedenheit.

Donald Trump versprach seinen Wählern, diesen Misstand zu beseitigen. Aber dabei konzentrierte er seine Gegenmaßnahmen nicht auf die Innen-, sondern die Außenpolitik. Der Plan ist, die sozialen und wirtschaftlichen Misstände im Innern zu verändern, indem die USA ihre strukturelle Macht anwenden, um sich internationale Beziehungen zunutze zu machen. Dies ist die Rekonfiguration von Neorealismus.

Der Artikel zeigt weiter, dass internationale Beziehungen unter den Bedingungen hoher wechselseitiger Interdependenz immer Zielkonflikte darstellen. Die Verfolgung wichtiger Ziele führt deshalb zwangsläufig dazu, dass Nachteile in Kauf genommen werden müssen. Am Beispiel der USA wird daher erläutert, dass Anpassungs- und Risikobereitschaft von Wirtschaft und Gesellschaft die zentralen innenpolitischen Triebfedern von Außenpolitik sind.

Der Artikel kann hier heruntergeladen werden.